Finanzsituation unserer Stadt

Finanzsituation unserer Stadt

Auf den nachstehenden Seiten möchten wir einen Versuch unternehmen, Ihnen den oft als „Buch mit 7 Siegeln“ bezeichneten städtischen Haushalt näher zu bringen, Transparenz zu schaffen und bei Ihnen Interesse und Verständnis für das Handeln von Rat und Verwaltung auf dem Gebiet der Haushalts- und Finanzwirtschaft zu wecken.

Wir gehen auf folgende Aspekte ein:

Nach der Umstellung auf das Neue Kommunale Finanzmanagement (NKF) im Jahr 2007 wurde die sogenannte Ausgleichsrücklage (unser finanzielles 'Reserve-Polster' in der städtischen Bilanz) in den Folgejahren allmählich aufgezehrt. Grund dafür war, dass die Aufwendungen in jedem Folgejahr höher waren als die Erträge, die die Stadt erwirtschaftet hat. Im Vergleich zu anderen Kommunen verfügen wir noch über Eigenkapital. Bei einer Bilanzsumme von 1,864 Mrd. Euro haben wir – mit Stand Jahresabschluss 2010 - ein Eigenkapital von rund 610 Mio. Euro (32,74%). Auch im Jahr 2012 ist das Verhältnis der städtischen Erträge zu den Aufwendungen weiterhin in einer Schieflage, was diese Abbildung zeigt:

 

Schieflage

Verschiedene Einflussfaktoren wie sinkende Steuereinnahmen und auf nahezu allen Gebieten steigende und durch Land und Bund nicht ausreichend gegenfinanzierte Ausgaben (z.B. Ausbau U3 Betreuung, Hartz VI-Finanzierung) haben uns in diese Finanzmisere geführt.

Die gesamte „Gemengelage“ wird durch folgende Darstellung deutlich:
Die Steuereinnahmen, Schlüsselzuweisungen u. ä. Positionen werden als „allgemeine Deckungsmittel“ bezeichnet. Diese sollen die konsumtiven Aufwendungen wie Personal-, Sach- und Transferaufwendungen decken bzw. finanzieren.
Seit dem Haushaltsjahr 2007, in dem wir einen tatsächlichen Haushaltsausgleich hatten, sind die allgemeinen Deckungsmittel von rund 290 Mio. Euro auf rund 254 Mio. Euro in 2012 gesunken. Dies entspricht einer Reduzierung von rund 36 Mio. Euro oder 12,4 %.
Im gleichen Zeitraum sind die kommunalen Zuschussbedarfe für das Amt 45 (Amt für Kinder, Schule, Jugend) und das Amt 50 (Sozialamt) von rund 131.Mio. Euro auf rund 160 Mio. Euro angestiegen. Dies entspricht einer Erhöhung von rund 29 Mio. Euro, somit 22 %. Betrachtet man allein diese Parameter, führt dies zu einem Finanzierungsdefizit von rund 65 Mio. Euro.
Allein diese Betrachtung macht deutlich, dass unser Defizit darauf zurückzuführen ist, dass keine ausreichende Finanzausstattung zur Erledigung der notwendigen Aufgaben vorliegt.

 

Doch wie finanziert sich nun unsere Stadt?

 

Finanzierung

 

Woher kommt das Geld?

Die kommunalen Steuern (Gewerbe-, Grund-, Vergnügungs- und Hundesteuer) sind faktisch die Hauptfinanzierungsquelle des Haushaltes. In den nachfolgenden Grafiken können Sie die Entwicklung dieser wichtigen Finanzierungsquellen für unsere Stadt nachvollziehen. Die in den folgenden Grafiken angegebenen Zahlen beziehen sich jeweils bis 2010 auf die Ist-Werte, für 2011 auf die Prognosewerte und für 2012 ff. auf die Planwerte.

Gewerbesteuer

Gewerbesteuer

 

Besonders bei der Gewerbesteuer zeigt sich, dass Mülheim keine mittelfristige Planungssicherheit hat, da jede konjunkturelle Schwankung allgemein, sowie Standortverlagerungen oder (steuerliche) Neugliederung einzelner Konzerne im Speziellen, zu „ungewissen“ Ergebnissen führen. Die Stadt profitiert bei den Gewerbesteuererträgen vor allem von einigen wenigen großen Steuerzahlern, die in den letzten Jahren durch positive Geschäftsentwicklungen entsprechende Einnahmen gesichert haben.

 

Grundsteuer

Grundsteuer

Bei der Grundsteuer gab es in den letzten Jahren nur geringe Schwankungen, die aufgrund von einigen Neubaugebieten in unserem Stadtgebiet entstanden. Diese Steuer leisten Sie als Bürger unserer Stadt.

 

Gemeindeanteil an der Einkommensteuer

Gemeindeanteil

 

Von der Kommune nicht beeinflussbar ist die Steuereinnahmequelle Gemeindeanteil an der Einkommensteuer. Hier spiegeln sich in den zurückliegenden Jahren vor allem die Steuerentlastungen aufgrund geänderter Bundesgesetze wider. Auch hier leisten Sie, die Mülheimer Bürgerschaft, durch Ihre Einkommensteuer einen Anteil an den städtischen Erträgen.

 

Weitere Finanzierungsquellen, die Sie sicherlich interessieren werden,
sind unter anderem:

Verwaltungsgebühren 2012: rund 5,130 Mio. Euro

Passgebühren, Genehmigungsgebühren, Gebühren für die Bauüberwachung, Gebühren für Beglaubigungen, Erlaubnisscheine, ärztliche Untersuchungen usw.

Benutzungsgebühren 2012: rund 36,502 Mio. Euro

Entgelte für die Inanspruchnahme von Einrichtungen der Abwasserbeseitigung, der Müllabfuhr, der Straßenreinigung, des Bestattungswesens, für die Sondernutzung von Straßen, Entgelte für die Arbeiten zur Unterhaltung von Straßen, Anlagen und dgl., Parkgebühren, Pflegesätze der Krankenhäuser sowie der Alten- und Pflegeheime, Eintrittsgelder zu kulturellen oder sportlichen Veranstaltungen und Entgelte für die Pflege von Gräbern, Kostenersatz für Hilfeleistung bei Unglücksfällen.

Umsatzerlöse 2012: rund 6,398 Mio. Euro

Entgelte für den Verkauf eigen erstellter Software, Entgelte für Wartungs- und Servicedienstleistungen, Verkauf von Druckereierzeugnissen aller Art, Weiterverkauf von Laub- und Abfallsäcken der MEG mbH oder auch der Tierfuttertütchen aus den Automaten des Tiergeheges Witthausbuch.

Bußgelder 2012: rund 1,930 Mio. Euro

Ahndung von Müllablagerung in Wäldern, Parken im Parkverbot, Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, Verstoß gegen das Meldegesetz.

Zwangsgelder und Verwarngelder 2012: rund 0,9 Mio. Euro

Erzwingung zur Abgabe des Führerscheins oder Fahrzeugscheins, Verwarngeld für Parkverstoß.

 

Sie denken jetzt vielleicht: "Wenn unsere Stadt doch so viele Erträge hat, kann es ihr doch nicht „schlecht gehen“. Zumal wir unsere Hausaufgaben zur Haushaltskonsolidierung in Eigenverantwortung durchgeführt haben und weiterhin durchführen werden.

 

 Also: Wieso klappt es dann nicht mit dem Haushaltsausgleich?

 Und: Wofür wird das Geld eigentlich ausgegeben?

 Die nachfolgende Grafik zeigt die Aufteilung der Aufwendungen der Stadt im Jahr 2012.

Gesamtaufwendungen

 

 

Personal und Versorgungsaufwendungen

Personalaufwendungen

 

Die Personal- und Versorgungsaufwendungen im Jahr 2012 sinken deutlich um 12,7 Mio. Euro. Ursächlich dafür sind geringere Zuführungen zu den Rückstellungen (13,1 Mio. Euro). Einer weiteren Reduzierung aufgrund von HSK-Maßnahmen aus dem Strategiefeld Personal - Personalabbau - (2,1 Mio. Euro) stehen allerdings Mehraufwendungen aufgrund von Besoldungs-/Tariferhöhungen in Höhe von 2,5 Mio. Euro gegenüber. In der unteren Abbildung sind die Personal- und Versorgungsaufwendungen ab 2007 dargestellt.

 

Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen

Sach und Dienstleistungen

 

Die Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen werden für 2012 mit einem Volumen von rund 69,54 Mio. Euro geplant. Hiervon entfallen alleine auf die Unterhaltung und Bewirtschaftung von Grundstücken, Gebäuden und Infrastrukturvermögen, z.B. Straßen rund 19,95 Mio. Euro.

Ein weiterer großer Bereich wurde in Höhe von rund 21,17 Mio. Euro bei den Erstattungen an verbundene Unternehmen (Tochtergesellschaften der Stadt) sowie rund 13,59 Mio. Euro bei den Erstattungen an private Unternehmen veranschlagt. Hier sind unter anderem das Leistungsentgelt an die MEG mbH sowie Zahlungen an das Müllheizkraftwerk Karnap abgebildet sowie die Leistungen im Rahmen der Geschäftsbesorgungsverträge an die MST GmbH und die Mülheim & Business GmbH.

Weitere erwähnenswerte Positionen sind die Schülerbeförderungskosten von rund 2,29 Mio. Euro – hier fahren Busse für die Mülheimer Schülerschaft und die Materialaufwendungen in Höhe von 1,89 Mio. Euro - z.B. Papier, Druckermaterial, Bau- und Werkstattmaterial.

 

Transferaufwendungen: Der größte Anteil in Höhe von rund 179,56 Mio. Euro entfällt hier auf die Transferaufwendungen des Sozialamtes, davon z.B. allein für SGB II/Hartz IV 116,83 Mio. Euro und für Kinder- und Jugendhilfe 20,16 Mio. Euro; darüber hinaus Asylbewerberhilfe, Sozialhilfe innerhalb und außerhalb von Einrichtungen.

Einen weiteren großen Bereich bilden die Zuschüsse an private Unternehmen und übrige Bereiche mit einem Volumen von rund 21,67 Mio. Euro. Hier werden unter anderem die Zahlungsströme der Stiftungen, die Leistungen an freie Träger von Tageseinrichtungen für Kinder sowie die Zuschüsse an Vereine und Verbände abgebildet.

Die an den Landschaftsverband Rheinland (LVR) und den Regionalverband Ruhr (RVR) zu leistenden pflichtigen Zahlungen – diese leisten im Gegenzug auch etwas für Mülheim - finden sich im Haushaltsplan ebenfalls unter den Transferaufwendungen wieder. Im Haushaltsjahr 2012 wurden die zu zahlenden Umlagen an den LVR mit 35 Mio. Euro und an den RVR mit 1,42 Mio. Euro eingeplant.

Bei den sonstigen ordentlichen Aufwendungen ist insgesamt ein Volumen in Höhe von 101,87 Mio. Euro veranschlagt.

Hier finden sich unter anderem Aufwendungen für Aus- und Fortbildung (rund 630 T Euro), Dienst- und Schutzkleidung (rund 200 T Euro), Mieten und Pachten inkl. Nebenkosten (rund 50.481 T Euro), Leasing (878 T Euro), ehrenamtliche Tätigkeiten (rund 45 T Euro), Geschäftsaufwendungen (rund 1.583 T Euro), Beiträge zu Versicherungen und Berufsverbänden (rund 2.035 T Euro) sowie Aufwendungen für Schadensfälle (rund 610 T Euro) wieder.

Mit einem Volumen von rd. 38,04 Mio. Euro wurden die Verlustübernahmen der Eigenbetriebe veranschlagt. Diese teilen folgendermaßen auf:

            ImmobilienService:           2.753 T Euro
            Betriebe der Stadt:         15.896 T Euro
            Kulturbetrieb                  11.681 T Euro
            Mülheimer SportService      7.709 T Euro

 

Nachfolgend ist dargestellt, wie sich die Erträge und Aufwendungen auf die verschiedenen Produktbereiche verteilen:

 

Wie hoch ist unsere Stadt kurz-/langfristig verschuldet?


Investitions- und Liquiditätskredite

(Kernhaushalt und Eigenbetriebe - in Mio. Euro)

Investitionskredite

Erfreulich entwickeln sich die langfristigen Verbindlichkeiten/Investitionskredite (Kernhaushalt und Eigenbetriebe). Sind es 2011 noch rund 449,4 Mio. Euro, so werden es 2015 lediglich rund 437 Mio. Euro sein. Dies ist eine Entschuldung von rund 12,5 Mio. Euro, sprich rund 2,8 %.

Anzuführen ist aber auch, dass wir ganz aktuell das städtische „Girokonto“ mit Liquiditätskrediten von rund 605 Mio. Euro überzogen haben und damit im Vorjahresvergleich eine Verschlechterung von 106 Mio. Euro eingetreten ist.

 

Entwicklung Liquiditätskredite (in Mio. Euro)

 

 

Abschließend eine Übersicht der bedeutenden Investitionsmaßnahmen 2012:

Umsetzung der Maßnahme "Ruhrbania"    804.000 Euro
Ruhrpromenade (Eigenanteil der Stadt)    800.000 Euro
Entwicklungsgebiet City Nord:    711.000 Euro
Umsetzung Straßenbauprogramm (12 Einzelmaßnahmen 2.000.004 Euro
Erschließungsmaßnahmen (z.B. Hochschule Ruhr-West, Wohnpark Witthausbusch) 1.323.000 Euro
Kirchenhügel / Altstadt (hier: Althofstraße)    380.000 Euro
Erneuerung Frohnhauser Weg: 1.289.000 Euro
Ausbau der Duisburger Straße (von Flockenweg bis Bahnunterführung)    420.000 Euro
Maßnahmen der Wasserwirtschaft (Witthausbusch, Rumbach)    150.000 Euro
Neubau- und Sanierungsmaßnahme Gymnasium Broich 4.022.000 Euro
Fortführung der Sanierung und Modernisierung Gustav-Heinemann-Schule 2.370.000 Euro
Fortführung der begonnenen ÖPP-Projekte    470.000 Euro
Umsetzungsbeginn des Bildungsentwicklungsplans

   345.000 Euro

Wie geht es jetzt mit den Mülheimer Finanzen weiter?

Zugegeben, wir sind auf einem guten, aber weiterhin noch harten und steinigen Weg der Haushaltskonsolidierung. Unser Ziel für die nächsten Jahre ist es, wieder einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen und dem weiteren Anstieg der Liquiditätskredite entgegenzuwirken.

Allein durch die Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen zum Doppelhaushalt 2010/2011 wurden  bereits 194 Sparmaßnahmen und damit eine strukturelle Verbesserung von rund 36 Mio. Euro erzielt. Wesentliche Punkte sind damit bereits diskutiert und ausgereizt. Dies zeigt auch ein Vergleich mit den Haushaltskonsolidierungskonzepten (HSK) anderer Städte. Es gibt nicht mehr die „zündende Idee“. Wir haben im letzten Jahr intensiv über das Kunstmuseum, die Stadtbüchereien, das Friedrich-Wennmann-Bad, das Theater an der Ruhr, die VHS, den Ringlokschuppen und auch über die Reduzierung von Zuschüssen an Vereine und Verbände sowie die Einführung einer Pferde- und Übernachtungssteuer diskutiert. Diese Maßnahmen haben wir für 2012 nicht noch einmal „aufgegossen“.

 

Wir haben uns bei der Weiterentwicklung des HSK
für die folgenden 4 Bausteine entschieden:

  1. Personal- und Sachaufwendungen - Hier wird eine strukturelle Verbesserung von 6,1 Mio. Euro erreicht.
  2. Beteiligung der Gesellschaften am Konsolidierungsprozess - Hier ist im Ergebnis eine Verbesserung von 5 Mio. Euro jährlich vorgesehen.
  3. Stärkungspakt Stadtfinanzen - Wir gehen davon aus, dass die Landesregierung auch der Stadt Mülheim an der Ruhr helfen wird und wir spätestens in der 3. Stufe des Stärkungspaktes eine Unterstützung erhalten – denn: wir brauchen eine Perspektive! Wir haben daher ab 2016 rund 6,5 Mio. Euro eingeplant.
  4. Anpassung der Hebesätze für Grundsteuer und Gewerbesteuer - Diese Maßnahme ist für 2016 eingeplant und sollen erst dann realisiert werden, wenn uns tatsächlich Mittel aus dem Stärkungspakt Stadtfinanzen zufließen. Die Hebesätze sollen an die derzeitigen NRW-Höchstsätze angepasst werden. Für die Grundsteuer ist dies ein Hebesatz von 590 % (Angleichung an die Städte Essen, Solingen und Leverkusen), für die Gewerbesteuer ein Hebesatz von 490 % (Angleichung an die Städte Duisburg, Oberhausen, Hagen und Bottrop). Hierdurch wird insgesamt eine jährliche Verbesserung von 6,5 Mio. Euro erwartet.

Bei allen Sparüberlegungen gilt für uns aber nach wie vor der Grundsatz 'Von Innen nach Außen sparen'. Das bedeutet konkret: Bevor wir der Mülheimer Bürgerschaft weitere finanzielle Belastungen wie z.B. Gebühren- oder Steuererhöhungen zumuten, wurde und wird immer zuerst intensiv geprüft, wo bei uns - in der Stadtverwaltung - noch gespart werden kann.

Seit 2005 wurden bereits 255,34 Stellen eingespart, im Zuge des HSK sollen bis 2014 weitere 269,51 Stellen folgen. Insgesamt wird die Stadt bis 2014 somit rund 20 % ihres Stellenbestandes abgebaut haben.

Dennoch ist die Verwaltung selbstverständlich für die Stadt und Ihre Bewohner da. Die Schwerpunkte der einzelnen Dezernate mit den Leistungsschwerpunkten und Finanzdaten finden Sie auf der Übersichtsseite. Die angegebenen Zahlen sind die  Planzahlen für das Jahr 2012.

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804.000 €